Wenn der Wetterbericht einem die Tide vermasselt…

Wenn der Wetterbericht einem die Tide vermasselt…

Ich habe gestern Abend um 18.00 Uhr in Fécamp abgelegt. Es sind 80 Seemeilen bis Cherbourg und ich habe gedacht, wenn ich 18 Stunden brauche, habe ich 2 x die Tide mit mir und einmal in der Mitte gegen mich – geht eben nicht anders.
Beim Ablegen haben mir noch 2 Nachbarn geholfen, weil es echt geweht hat. Der Wetterbericht hat 3-4 Windstärken aus der richtigen Richtung geweissagt. Also Perfekt! Bis ich es dann draußen mit der Realität abgleichen musste…
Kurz und gut – ich hatte seit gestern um 21.00 Uhr den Motor laufen. Und natürlich den nur provisorisch geflickten, den ich eigentlich nur für die Hafenmanöver laufen haben wollte. Weil ich Angst hatte, dass bei zu hoher Drehzahl der Abgaskrümmer zu heiß wird und die Schlauchmanschette durchschmurgelt, bin ich echt langsam gefahren und brauchte so statt 3 nun 4,5 Tiden. Und die 2. Gegenan hatte es echt in sich, ich bin so ca. 3,5 Stunden nicht vom Fleck gekommen. Also echt nicht vom Fleck! Das ist vielleicht nervig, wenn es um einen rum brodelt und sich total schnell anfühlt – man beim Blick aufs GPS aber sieht, dass man stillsteht, bzw. sogar rückwärts läuft. Ich hatte überlegt zu ankern, das wär vielleicht sinnvoller gewesen.
Ach ja, auf dem einen Bild seht ihr die Speisekammer meiner Bordspinne. Ich habe mich ganz schön erschreckt, als ich den Bobby heute Morgen gesehen habe, nachdem er letztens noch so klein und possierlich war. Die scheinen gut zu wachsen in der Seeluft. Heute gab’s nur Schwebfliegen, aber davon reichlich – also für die Spinne.

Da hängt sie mal wieder ab. Ich glaube, heute Nacht mache ich die Schotten dicht. Nicht, dass sie ‚was handfestes möchte, nach all der Schwebfliegen-Kost 😉

Ach so, ich habe auf Guernsey bei der Motor-Werkstatt angerufen. Guernsey ist dicht für Ausländer, aber wenn ich ein Motorproblem habe, darf ich kommen. Morgen ist kein Wind angesagt, aber übermorgen (und dann reichlich 🙄). Also ist morgen Hafentag in Cherbourg. Ich muss auch noch eine Gastlandflagge für Guernsey kaufen, daran hatte ich zu Hause nicht gedacht.

Der Holländer neben mir wollte eigentlich auch nach Guernsey, darf ja aber nicht – nun hat er, glaubt er, auch Motorprobleme.

Cherbourg ist auch echt nett. Die Franzosen nehmen die Normandie ja ziemlich auf den Arm, weil es hier immer nur regnen soll und kalt sei, z. B. „Für die Normandie reicht Sonnenmilch mit Lichtschutzfaktor 3!“ Im Moment ist das absolute Gegenteil der Fall und der botanische Garten macht auch nicht den Eindruck, als würde dort alles erfrieren. Aber nicht umsonst muss sich ja die erste Regenschirmfabrik Europas hier angesiedelt haben…

Der Hafen hier war schon beim Reinfahren ewig lang und ich habe eine halbe Stunde gebraucht, bis ich durch war. Heute habe ich gelesen, dass es der größte künstliche Hafen Europas ist. Auf dem Bild von den Klippen runter habe ich nicht annährend die ganze Hafenbreite draufgekommen. Ein bisschen bedrückend finde ich, dass ich mich bisher in jedem Hafen mit der unsäglichen deutschen Geschichte auseinander setzen muss – so auch, und natürlich ganz besonders hier in der Normandie.

Mein Fahrrad macht sicherlich 3 Kreuze, wenn es irgendwann wieder einfach nur in Oldenburg vom Bahnhof zur Kammer radeln darf…

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9 thoughts on “Wenn der Wetterbericht einem die Tide vermasselt…

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      Du hast die Situation so gut beschrieben, dass man auch als Landratte nervös wird, wenn es nicht weitergeht. Nur gut, dass der Flickkram gehalten hat. Aber es gibt ja den Spruch davon, dass nichts so gut hält wie ein Provisorium. Aber live macht das auch nur wenig Hoffnung, Hat der Krümmer denn bis in den Hafen von Cherbourgh gehalten?
      LG

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        Ja, das Provisorium hat zum Glück gehalten. Nun ölt der Motor aber auch noch ziemlich. Also in der Werkstatt auf Guernsey werde ich wohl ein paar Tage einplanen müssen…

        Ach so, die Frage scheint ja durchaus berechtigt, bei dem, was in der kurzen Zeit alles passiert ist: ja, ich habe den Motor in Bremen vor der Abreise durchsehen lassen und einen kompletten Service hat er auch bekommen!

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      Na, das ist ja ein Seegang. Da hättest du ja sogar Mutter Sigrid mitnehmen können. 😀

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      Schön, dass du dir noch Zeit genommen hast zu schreiben – hab‘ heute immer wieder geguckt und… nix! Aber es scheint ja letztlich alles geklappt zu haben und den Rest erklären die Umstände. Gruß an Bobby und gute Nacht!

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      Ahoi, ich wünsche ebenso, eine gute Nacht gehabt zu haben!
      Wenn ich mir Bobby genauer anschaue, glaube ich eher, dass „er“ eine wohlgeformte „sie“ ist….

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        Oha, bevor das Boot voller Babys ist, sollte sie sich eine andere Mitfahrgelegeheit suchen. Ich meinte übrigens nicht, dass sie Bobby heißt, sondern dass das ein ganz schöner Bobby ist. Also im Sinne von ganz schön groß und füllig. Aber die Dinge verselbständigen sich manchmal…

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      Wer oder was ist denn nun eigentlich die/der Bobby?
      Habe bisher gedacht, dass sei eine von den possierlichen Riesenkreuzspinnen, aber was macht die im Wasser?
      Steigt Bobby eigentlich irgendwo aus, oder ist ihr egal, wohin die Reise geht?

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      „Acta est fabula“, wie der zitatfeste Asterixleser so sagt. Mit dem Spinnen-Bobbi ist’s also aus, hat wohl woanders angeheuert. Mir auch recht, weil Lutz, der in Brest zusteigen wird, schon sagte, : „Entweder die Spinne oder ich!“

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        Genau!
        „Wenn Sie die Ente zu Wasser lassen, lasse ich das Wasser ab!“
        In diesem Fall wäre es eine Spinne und das Wasser würde nicht abgelassen, wenn ich den Stöpsel ziehe, aber der Rest wäre so… 🙂
        Aber jetzt hats sichs ja erledigt, wir werden keine Spinnennester von diesem Monster nachts im Schlaf unter die Haut gelegt bekommen und das Wasser bleibt hoffentlich draußen 🙂

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