Gut, dass nichts Schlimmeres passiert ist…
Aber ich kann das leider alles nicht so Recht genießen!
Kurz hinter der Hafenausfahrt Dieppe, der Motor war gerade aus und das Boot lief unter Segeln, riechts auf einmal ziemlich nach Abgasen im Cockpit. Der Rauchmelder geht auch wieder an. Bevor ich die Motorabdeckung öffne schaue ich einmal unter die Bilgenbretter – da steht das Wasser verdammt hoch. Also erstmal alle Mann an die Pumpen! Die automatische Bilgepumpe war schon angesprungen und ich habe von Hand mitgepumpt. Im Motorraum hab‘ ich die Ursache dann schnell gefunden: der Abgaskrümmer war abgebrochen und damit ergossen sich sowohl die Motorabgase, als auch das Kühlwasser ins Schiff. Wenn der Motor läuft ist das natürlich ganz schön viel Wasser. Und auch jetzt (unter Segeln) kommt durch die wassergeschmierte Stopfbuchse Wasser rein – aber das schafft die Pumpe gut.
Ok, was sind die Optionen? Kleband und Kabelbinder scheiden aus. Wieder zurück nach Dieppe? Keine Ahnung, wo ich da einen Motorservice gefunden hätte – viel Zeit zum Suchen mit laufendem Motor hätte ich ja nicht und allein die Zufahrt vom Meer aus war schon ziemlich weit. Oder nach Fécamp, wo ich ohnehin hin wollte? Da gibts eine Werft direkt am Gästesteg, alles schön klein und überschaubar. Nochmal in die Bilge geschaut – der Wasserzufluss ist überschaubar. Also auf nach Fécamp. In 2 Stunden müsste ich dort sein.
Ok jetzt bin ich erstmal fest in Fécamp
Da oben das Abgasrohr ist gebrochen. Da wurden 2 verschiedene Metalle zusammengeschweißt (sowas hält nie vernünftig, sagt der Schlosser) und der Pfusch mit einer Wärmeschutzbinde gnädig verdeckt. Das ist etwas tricky zu reparieren, da erst in dem abgebrochenen Teil die heißen Abgase und das Kühlwasser vermischt werden. Das geht eigentlich nur vernünftig, wenn man das Abgasrohr komplett mit Flansch abgeschraubt und neu nachbaut – wobei aber die 4 Schrauben so dermaßen festgegammelt sind, dass ich mindestens eine abreißen werde.
Der nette, arme Monteur hier hat sich seine Wochenausklang sicherlich auch anders vorgestellt. Ich soll ihm jetzt 2 Stunden Zeit geben, damit er sich eine Frickel-Übergangslösung überlegen kann. Mein Plan ist dann mit der Frickel-Übergangslösung bis Guernsey zu kommen. Da gibt’s eine Beta Marine-Wekstatt, die sollen sich dann an den Schrauben versuchen. Und wenn sie dort abreißen haben die dort zumindest alle Ersatzteile vor Ort (bzw. schnell da ).
Sieht doch eigentlich ganz schnuckelig aus, der kleine Freund (der Fuß nur zum Größenvergleich) mit seinen 2 Zylindern. Ein paar mehr PS wären nicht schlecht – aber es ist ja schließlich ein Segelboot…
Und hier in Fécamp sieht’s auch ganz schuckelig aus.
Ich hatte ja heute meinen freien Tag und bin mit dem Faltrad rumgefahren. Ich bin heilfroh, dass ich das dabei habe – das macht total Spaß damit durch die Hafenstädte und ins Umland zu kurven. Erst war ich auf dem Wochenmarkt (der aber mit Europas angeblich schönsten Wochenmarkt natürlich nicht annähernd mithalten kann). Dann bin ich etwas außerhalb rumgefahren und habe ein Verkehrsschild Richtung „Bolbec“ gesehen. Jeder, der in Bad Essen auf dem Gymnasium war und entweder Französisch toll fand oder mal Lust hatte auf 3 Wochen nicht zur Schule zur müssen, ist damals, das muss so 40 Jahre her sein (ach du meine Güte), zum Frankreichaustausch nach Bolbec gefahren – so auch ich – aber natürlich, weil ich Französisch toll fand . Nee, echt jetzt!
Also drauf losgefahren. Da die Franzosen so knauserig mit den Kilometerangaben sind, habe ich erst nach 10 km erfahren, dass es noch 16 weitere sind… Aber egal, ist ja Urlaub! Kurz vor Bolbec bin ich durch Beuzeville gekommen und da ist mir eingefallen, dass ich hier damals in einer Gastfamilie wohnte, bei … vergessen! Auch wie der Sohn in der Gastfamilie hieß, weiß ich nicht mehr – nur, dass er sich wohl für den Gegenbesuch irgendeine Großstadt in Deutschland vorgestellt hat, wo so richtig der Post abgeht – und dann ins beschauliche Ellerbeck gekommen ist, fernab von allem, wo auch nur so halbwegs der Post abgeht.
Ich fand’s aber gut damals. In Bolbec war ich auch zum ersten Mal in einer Kneipe, ich glaube, es war die auf dem Bild. Das Gymnasium habe ich auch gefunden, es ist aber nicht der Rede wert, ein schöner, funktionaler Zweckbau.
Ach so, wie’s hier weitergeht: der Mechaniker hier kennt jemanden, der schweißt über’s Wochende etwas an das abgebrochene Auspuffteil, so dass die beiden Teile mit einer Schlauchmanschette provisorisch verbunden werden können (Ralf, du solltest dich tatsächlich auf die maritime Szene als Kundschaft verlegen ). Damit will ich dann bis Guernsey kommen, wo es eine Werkstatt für meinen Motortyp gibt. Am Montagmorgen bekomme ich das Teil und mache mich dann (wenn der Wind passt) an die 80-Seemeilen-Nachtfahrt nach Cherbourg. Und darf nicht vergessen zu klären, ob Guernsey Ausländer reinlässt.
Jedem Fécamp-Reisenden sei u. a. der Besuch des dortigen Benediktiner-Palais ausdrücklich empfohlen – dort wird ein sehr bekömmlicher Kräuterschnaps gebrannt! Wohlsein!
13 thoughts on “Gut, dass nichts Schlimmeres passiert ist…”
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Gehört das alles zu dem Testprogramm für die große Überfahrt demnächst?
Gruß P.
Foto: wie sich ein Mensch in wenigen Tagen doch so verändern kann!
LG
Oha. Wenigstens ist der Himmel blau.
Tja, dann erstmal einen Tee trinken, was?
Und hoffen, dass die Frickellösung dann auch hält!
Liebe Grüße, Imke
„20 Jahre hats gehalten … “ sorry, das ist wieder ein interner – passt aber, leider!
Ja genau, da musste ich tatsächlich auch dran denken 😂! Das sagte mein Vater vor so ca. 35 Jahren, als ich das komplett zerstörte Schlauchboot-Kanu zurückgebracht habe, das Nils, Lutz, Wolfgang und ich uns ein einziges Mal für den Baggersee geliehen hatten und das nach einer klitzekleinen Karambolage einen riesigen, unreparierbaren Riß in der nach über 20 Jahren einfach mürben Gummihaut hatte. Seit dem ist das so eine Art geflügeltes Wort…
Übrigens, Mutter weiß noch, dass der junge Mann in Beuzeville Christoph Perrein hieß und seine Eltern dort eine Citroen-Werkstatt hatten. Mutter hat dem CP gezeigt, was eine Ente (2CV) in Deutschland aushalten muss und ist mit der die große, lange Freitreppe in Schledehausen runtergebrettert. Weil sie sich im strömenden Starkregen verfahren hatte. Auf halber Strecke umkehren war nicht möglich. Also Augen zu und Stoff.
Was herrliche Geschichten hier so zum Vorschein kommen! Aber wenn du schon in Fécamps bist, würde ich mir für die Weiterfahrt ein bis x Flaschen Benedictine einlagern – geht immer!
Die Flasche Benedictine hatte ich sogar in der Hand heute und musste an euch denken! Habe sie aber nicht gekauft – also heute nicht…
Ich bin auch ganz überrascht,was die Geschichten angeht. Die Ente auf der Freitreppe…war das etwa die,die ich dann später übernommen habe und Ei der dann gleich die Lichtmaschine schlapp gemacht hatte? 😂
Nee, das ist ja wie gesagt so ca. 40 Jahre her. Du hast ein späteres Modell übernommen. So lange haben die Dinger in Deutschland ja nicht mal gehalten, wenn sie nur im Sommer gefahren wurden und nicht irgendwelche Treppen runter mussten…
Nils, ich habe ja heute erst gerafft, dass hier in Fécamp die Benediktiner-Abtei ist, in der heute noch der Bénedictine gebrannt wird. Ich bin da vorhin mal hingeradelt – sehr lecker! Man kann da vor Ort so allerhand probieren. Jetzt fällt mir auch wieder ein, dass Gabi davon auch schon mal erzählt hat – aber damals noch fahren musste. Ich ja nur Fahrrad ☝️. Ich habe nun tatsächlich ein Fläschchen erstanden, einen Verschnitt mit einem franz. Branntwein. Mal sehen, ob noch etwas übrig ist, wenn wir uns auf den Kanaren sehen…
Hallo Dirk,
wir sind just zurück von unserer Wandertour – Tschechien war richtig! Hab‘ ja einiges verpasst hierzulande und musste eben erst mal Deine letzten Einträge „aufarbeiten“….
Moin Dirk, heute geht es nach der Flickarbeit ja wohl nach Guernsey, wo dir ab heute ja alle Türen offenstehen. Zwei Dinge noch: lässt sich der Block eigentlich ausdrucken oder als Datei sichern? Und ein kleiner Hinweis: wenn du einen neuen Beitrag unter dem gleichen Titel schreibst, ist das für den Leser immer eine Wundertüte, gibt’s was Neues oder nicht? Der Vorschlag geht also dahin, für jeden neuen Beitrag auch einen neuen Titel zu produzieren. Nun wünsche ich noch eine gute Woche.