Barbados II
Heute Vormittag bin ich aus dem Kreuzfahrtterminal (wo jetzt 3 von den Riesen liegen) in die Ankerbucht Carlisle Bay gewechselt. Nachdem der Anker gefallen war und sich sicher eingegraben hat, habe ich das gemacht, was mein erster Reflex war, als ich mir den Plan mit der Karibik ausgedacht habe: und wenn ich dann da bin, mache ich ’ne Arschbombe von meinem Boot in das türkisblaue Karibikwasser! Geil! Hab‘ ich gemacht – und mich unvernünftigerweise vorher nicht mal abgekühlt!
Das Schlauchboot hatte ich schon vorher an der Pier aufgepumpt, dann noch den Außenborder montiert und bin dann gen Strand geknattert. Das Blöde beim Anlanden an einen Strand mit dem Schlauchboot ist die Brandung. Man kommt praktisch nicht ohne naß zu werden an Land. Auf dem Hinweg bin ich einfach volle Pulle auf den Strand geknallt, das ging ganz gut. Auf dem Rückweg hat mich die Brandung voll erwischt. Ich sitze jetzt gerade am 3. Dezember nackt im Cockpit, während ich das hier schreibe, weil meine Klamotten zum Trockenen an der Reling baumeln. Wenn ich Ralf morgen abhole muss ich mir was überlegen, so wird das nix. Ich werde wohl ein kleines Flüsschen, das durch die Stadt fließt, ein Stück hochfahren und ihn dort aufpicken. Ach ja, Ralf, Duschen gibt’s hier übrigens nicht mehr, die sind alle demoliert – soll auch gar nicht so gut für die Haut sein, das viele Duschen.
Die Stadt Bridgetown war jetzt erstmal nicht so der Megaburner, aber das kommt ja vielleicht noch. Die meisten Restaurants und Kneipen sind dicht, Essen gibt’s nur zum Mitnehmen. Die Leute sind total nett und helfen einem mit allem geduldig weiter, z. B. auch bis klein Dirki das mit der SIM-Karte begriffen hat.
Sandra hatte im Kommentar gefragt was man denn so die ganze Zeit macht, auf dem Meer. Gute Frage! Ich kann ja mal schildern, wie so ein Tag bei mir abläuft: nach dem Hell werden mahle ich Bohnen und mache mir einen Runterdrück-Kaffee, dazu gibt’s nen Keks. Um 10:30 Uhr war immer ein Tag rum (weil ich um 10:30 losgefahren bin), dann habe ich meinen Logbucheintrag gemacht und meine Position in die Papierseekarte eingetragen. An meinen Thunfischtagen kam dann die Angel raus. So schön das auch ist, einen großen Fisch zu fangen, da hängt dann doch eine Menge dran. Meistens spritzt da ziemlich viel Blut, dann muss ich den Fisch ausnehmen und auf dem schwankenden Boot (das ja währenddessen einfach weitersegelt) filetieren, dann braten oder dünsten. Zum Mittag gab’s dann die eine Hälfte heiß und zum Abend die andere kalt als Salat. An den Nicht-Thunfischtagen gab’s statt dessen Haferflocken, Nüsse, Leinsamen, getrocknete Feigen, Rosinen, Kürbiskerne und Brennnesselsamen (die hatte Matthias‘ Frau Magret gesammelt und ihm für uns/mich mitgegeben) mit heißem Wasser.
Bis 22:00 Uhr habe ich meist im Cockpit gelesen und mich danach alle 60 Minuten vom Wecker für einen Rundumblick und die Kontrolle der Segelstellung wecken lassen. Und ich fand nachts war in Bezug auf die Segel und die Windsteuerung immer ne ganze Menge zu tun – dafür wäre doch den ganzen Tag Zeit gewesen!
Na ja, aber da bleiben ja immer noch Stunden über Stunden, die nicht so richtig verplant sind. Da habe ich dann den Wellen zugesehen, den fliegenden Fischen, den Thunfischen, den Möven, den Fregattvögeln… und hatte natürlich herrlich Zeit über alles nachzudenken, was mir bisher im Leben so passiert ist und wie das alles so war. Und wenn ich dann dachte, dass ich jetzt vielleicht gleich gegen so einen dieser mysteriösen Container knalle, die kurz unter der Oberfläche langdümpeln und das wär’s dann gewesen – dann war’s doch toll (war dann aber tatsächlich auch immer froh, dass es noch weiter zu gehen scheint)!!!
Aber es ist ja abgefahren: ich glaube, man kann so viel Zeit haben über alles nachzudenken, wie man will. Und 3 Wochen sind ja schon ne recht lange Zeit! Aber man muss nicht glauben, dass wenn man dann ankommt, man plötzlich die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest hätte! Aber, es schält sich dann ja doch raus, was wichtig ist. Und das sind die Menschen in meinem Umfeld, das seid ihr alle, die ihr mich mit euren lieben Kommentaren, guten Wünschen, aufmunternden Worten und einfach nur herrlich witzigen Beiträgen bis hierhin begleitet habt! Da sage ich jetzt schon mal Danke!
So, bevor das hier aber ins Sentimentale abdriftet: gestern Nachmittag ist im Kreuzfahrtterminal noch ein Katamaran mit 4 Russen angekommen, die den auf Teneriffa für eine Fahrt bis nach Kuba gechartet haben. Ich habe denen beim Anlegen geholfen, weil man von einer Yacht aus gar keine Chance hat, die Kreuzfahrtpoller zu erreichen. Außerdem meinte ich, dass sie sich über Kanal 10 anmelden müssten und wahrscheinlich nicht von Bord dürfen, bis ein PCR-Test vorliegt. Das hat sie nicht so wahnsinnig interessiert, sie sind dann gleich zu den Customs and Emigrations – und wurden von dort unverrichteter Dinge wieder flugs auf ihr Boot geschickt. Ich habe mich mit ihnen noch ziemlich lange und echt witzig unterhalten und sie fragten, ob ich denn schon Mal in Russland gewesen sei. Ja, 1992 am Baikslsee und in Irkutsk für ein landwirtschaftliches Praktikum. Oh, das sei ja die Gegend in Russland, wo man unbedingt hin müsse, wenn es um moderne Landwirtschaft ginge! Ich habe dann erzählt, dass das ja unmittelbar nach Glasnost und Perestroika war und sich zu der Zeit sog. Businessmen etabliert hatten, die das mit dem Kapitalismus nach westlichem Vorbild zu potenzieren versucht hätten. Die hatten mir meinen Reisepass abgenommen und gegen die Zahlung einer nicht unbeträchtlichen Summe in US-Dollar für ihre mir gegenüber geleisteten Dienste würde ich ihn natürlich zurück erhalten. Eine von den 4 Russ*innen war eine Frau, ich denke so um 1990 geboren, die meinte, dass sei heute aber ganz anders. Woraufhin derjenige von den 4, der so in meinem Alter ist, meinte: nein, das sei heute noch genau so!
Sie hatten 700 l Diesel dabei, die haben sie komplett verballert, aber auch nur 15 Tage gebraucht. Neben mir lag eine deutsche Yacht mit einem Ehepaar, die haben auch 19 Tage gebraucht und 160 l verbraucht. Da bin ich mit meinen 14 l doch gut dabei…
Das Schlauchboot hatte ich schon vorher an der Pier aufgepumpt, dann noch den Außenborder montiert und bin dann gen Strand geknattert. Das Blöde beim Anlanden an einen Strand mit dem Schlauchboot ist die Brandung. Man kommt praktisch nicht ohne naß zu werden an Land. Auf dem Hinweg bin ich einfach volle Pulle auf den Strand geknallt, das ging ganz gut. Auf dem Rückweg hat mich die Brandung voll erwischt. Ich sitze jetzt gerade am 3. Dezember nackt im Cockpit, während ich das hier schreibe, weil meine Klamotten zum Trockenen an der Reling baumeln. Wenn ich Ralf morgen abhole muss ich mir was überlegen, so wird das nix. Ich werde wohl ein kleines Flüsschen, das durch die Stadt fließt, ein Stück hochfahren und ihn dort aufpicken. Ach ja, Ralf, Duschen gibt’s hier übrigens nicht mehr, die sind alle demoliert – soll auch gar nicht so gut für die Haut sein, das viele Duschen.
Die Stadt Bridgetown war jetzt erstmal nicht so der Megaburner, aber das kommt ja vielleicht noch. Die meisten Restaurants und Kneipen sind dicht, Essen gibt’s nur zum Mitnehmen. Die Leute sind total nett und helfen einem mit allem geduldig weiter, z. B. auch bis klein Dirki das mit der SIM-Karte begriffen hat.
Sandra hatte im Kommentar gefragt was man denn so die ganze Zeit macht, auf dem Meer. Gute Frage! Ich kann ja mal schildern, wie so ein Tag bei mir abläuft: nach dem Hell werden mahle ich Bohnen und mache mir einen Runterdrück-Kaffee, dazu gibt’s nen Keks. Um 10:30 Uhr war immer ein Tag rum (weil ich um 10:30 losgefahren bin), dann habe ich meinen Logbucheintrag gemacht und meine Position in die Papierseekarte eingetragen. An meinen Thunfischtagen kam dann die Angel raus. So schön das auch ist, einen großen Fisch zu fangen, da hängt dann doch eine Menge dran. Meistens spritzt da ziemlich viel Blut, dann muss ich den Fisch ausnehmen und auf dem schwankenden Boot (das ja währenddessen einfach weitersegelt) filetieren, dann braten oder dünsten. Zum Mittag gab’s dann die eine Hälfte heiß und zum Abend die andere kalt als Salat. An den Nicht-Thunfischtagen gab’s statt dessen Haferflocken, Nüsse, Leinsamen, getrocknete Feigen, Rosinen, Kürbiskerne und Brennnesselsamen (die hatte Matthias‘ Frau Magret gesammelt und ihm für uns/mich mitgegeben) mit heißem Wasser.
Bis 22:00 Uhr habe ich meist im Cockpit gelesen und mich danach alle 60 Minuten vom Wecker für einen Rundumblick und die Kontrolle der Segelstellung wecken lassen. Und ich fand nachts war in Bezug auf die Segel und die Windsteuerung immer ne ganze Menge zu tun – dafür wäre doch den ganzen Tag Zeit gewesen!
Na ja, aber da bleiben ja immer noch Stunden über Stunden, die nicht so richtig verplant sind. Da habe ich dann den Wellen zugesehen, den fliegenden Fischen, den Thunfischen, den Möven, den Fregattvögeln… und hatte natürlich herrlich Zeit über alles nachzudenken, was mir bisher im Leben so passiert ist und wie das alles so war. Und wenn ich dann dachte, dass ich jetzt vielleicht gleich gegen so einen dieser mysteriösen Container knalle, die kurz unter der Oberfläche langdümpeln und das wär’s dann gewesen – dann war’s doch toll (war dann aber tatsächlich auch immer froh, dass es noch weiter zu gehen scheint)!!!
Aber es ist ja abgefahren: ich glaube, man kann so viel Zeit haben über alles nachzudenken, wie man will. Und 3 Wochen sind ja schon ne recht lange Zeit! Aber man muss nicht glauben, dass wenn man dann ankommt, man plötzlich die Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest hätte! Aber, es schält sich dann ja doch raus, was wichtig ist. Und das sind die Menschen in meinem Umfeld, das seid ihr alle, die ihr mich mit euren lieben Kommentaren, guten Wünschen, aufmunternden Worten und einfach nur herrlich witzigen Beiträgen bis hierhin begleitet habt! Da sage ich jetzt schon mal Danke!
So, bevor das hier aber ins Sentimentale abdriftet: gestern Nachmittag ist im Kreuzfahrtterminal noch ein Katamaran mit 4 Russen angekommen, die den auf Teneriffa für eine Fahrt bis nach Kuba gechartet haben. Ich habe denen beim Anlegen geholfen, weil man von einer Yacht aus gar keine Chance hat, die Kreuzfahrtpoller zu erreichen. Außerdem meinte ich, dass sie sich über Kanal 10 anmelden müssten und wahrscheinlich nicht von Bord dürfen, bis ein PCR-Test vorliegt. Das hat sie nicht so wahnsinnig interessiert, sie sind dann gleich zu den Customs and Emigrations – und wurden von dort unverrichteter Dinge wieder flugs auf ihr Boot geschickt. Ich habe mich mit ihnen noch ziemlich lange und echt witzig unterhalten und sie fragten, ob ich denn schon Mal in Russland gewesen sei. Ja, 1992 am Baikslsee und in Irkutsk für ein landwirtschaftliches Praktikum. Oh, das sei ja die Gegend in Russland, wo man unbedingt hin müsse, wenn es um moderne Landwirtschaft ginge! Ich habe dann erzählt, dass das ja unmittelbar nach Glasnost und Perestroika war und sich zu der Zeit sog. Businessmen etabliert hatten, die das mit dem Kapitalismus nach westlichem Vorbild zu potenzieren versucht hätten. Die hatten mir meinen Reisepass abgenommen und gegen die Zahlung einer nicht unbeträchtlichen Summe in US-Dollar für ihre mir gegenüber geleisteten Dienste würde ich ihn natürlich zurück erhalten. Eine von den 4 Russ*innen war eine Frau, ich denke so um 1990 geboren, die meinte, dass sei heute aber ganz anders. Woraufhin derjenige von den 4, der so in meinem Alter ist, meinte: nein, das sei heute noch genau so!
Sie hatten 700 l Diesel dabei, die haben sie komplett verballert, aber auch nur 15 Tage gebraucht. Neben mir lag eine deutsche Yacht mit einem Ehepaar, die haben auch 19 Tage gebraucht und 160 l verbraucht. Da bin ich mit meinen 14 l doch gut dabei…
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4 thoughts on “Barbados II”
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Was für ein Leben : ne Arschbombe von eigenen Boot in türkisblaues karibisches Wasser (hoffentlich mal wieder nackt, damit die Kreuzfahrtschiff Schlagseite kriegen, weil die Ladies das alle sehen wollen 😅) nachdem du dich wochenlang mit frischestem Thunfisch morgensmittagsabends bis zum Abwinken vergnügt hast 👍😀
Aber eines ist schwer zu verstehen, wie, womit und warum willst du dich abkühlen, wenn einfach ALLES 29°C hat????
Das einzige, was mir einfällt, ist kaltes Bier – und genau das solllte man ja nicht machen … 😩
Wohlsein!
Mal wieder ein sehr schöner Bericht, bei dem man nach der Lektüre unsicher ist, ob man nicht sogar selbst dabei war. Die philosophischen Betrachtungen über 23 Tage allein auf dem Meer sind schon eine literarische Besonderheit.
Wenn ich das mal sagen darf: Du wirst immer besser!
Danke für die Beschreibung eines Seetages, ähnlich stressig habe ich es mir vorgestellt…😉
Ach, lass das mal mit dem Flüsschen, Ralf tut die Brandung bestimmt gut!
Hallo Dirk – da bist Du ja endlich wieder!! Wie schön! Ganz viel Spaß in der Karibik und mach mal ne Arschbombe für mich mit 😉 hier sind 3 Grad und es gibt gerade Schneeregen… Du machst echt alles richtig. Liebe Grüße